Beitragvon David Hasselblad » Mi 24. Jun 2020, 10:03
Ich finde es echt bemerkenswert, wie diese Branche der Fotografen so tickt.
Ich kenne keine (!) Branche, in der die Entlohnung stetig und immer nur nach unten geht.
Und das wird achselzuckend von vielen hingenommen. Weil ihnen der eigene Bauchnabel näher ist und man sich denkt: Was bringt es MIR persönlich und MEINEM Portfolio, wenn ich bei einer gemeinsamen Sache mitmache? Und sei es nur eine lockere Interessengemeinschaft. Ohne Kosten, ohne Mitgliedsausweis. Selbst da wird von einigen gesagt: „Geklüngel“...
Hallo? Natürlich hat das was von „Geklüngel“, wenn sich tausende Betroffene zusammenschließen. Das ist doch Sinn der Sache. Wollt ihr alleine gegen Shutterstock gehen? Weil’s dann nicht nach Geklüngel riecht? Viel Erfolg kann man da nur wünschen. Ihr werdet von einem Großunternehmen an die Wand genagelt und habt dann Angst vor Geklüngel von eures Gleichen, die euch (und sich) helfen wollen. Jetzt organisieren das nämlich mal einige Engagierte, aber man möchte sich jetzt als Individualist natürl. nicht von Leuten „intransparent“ vertreten lassen, mit denen man persönlich noch nicht nachts Fotografieren war, oder wie? Man zahlt zwar nix, aber egal. Geht hier um’s Prinzip, sich seine Individualität nicht nehmen zu lassen. Was verliert ihr, euch dort anzumelden? NIX.
Evtl. gehen die an Adobe ran oder einen anderen, handeln mit denen einen Deal aus (in etwa: hey, wir haben eine Communitiy von 3000 Anbietern mit einem Bildbestand von 30.000.000 Bildern. Die würden wir komplett von Shutter abziehen und zu euch gehen mit der Vereinbarung, dass ihr die nächsten 7 Jahre die Vergütung nicht nach unten dreht (das jetzt nur mal als Beispiel).
Und wenn’s euch nicht paßt, was da gemacht wurde, müßt ihr ja nicht mitziehen. Ist doch kein Vertrag. Aber so eine neue Struktur schon mit Mißtrauen zu überzeihen, weil sie noch kein ausgeklügeltes und dingfestes Handbuch haben…
Das man gemeinsam auch mal etwas erreichen kann ist für viele Individualisten (Fotografen) anscheinend einfach nicht vorstellbar… Da ist Mißtrauen oberstes Gebot. Sich seine Interessen von einer Orga vertreten zu lassen, geht da wohl gar nicht. Und eine Gewerkschaft ist sicher nur einengend und steht der Kreativiät und der Freiheit der Selbstbestimmung im Weg.
Ich würde gerne mal eine andere Branche sehen, in der es seit Jahren nur nach unten geht.
Kennt jemand eine?
Auch anderswo geht es stetig nach oben.
Selbst der Staat kürzt nicht ständig Zahlungen. Obwohl es sicher bei Schulden angebracht wäre. Und wirkt gar Kürzungen gesetzlich entgegen.
Mindestlohn, Mindestrente, Kindergeld, Familienzuschlag, Steuererleichterung, günstigste KfW-Kredite für dies und das usw.
Nur bei der Fotografen-Entlohnung geht es stetig bergab. Und ihr verdient ja nicht etwa mehr Geld, weil Ihr besser entlohnt werdet, sondern weil ihr im Verhältnis zur Kürzung stetig mehr leistet. Eure Arbeit wird damit immer wertloser. Man kürzt euch den Lohn und ihr meint, dann arbeite ich halt 3 Stunden mehr in der Woche, damit ich wenigstens noch auf 90% des vormaligen Lohns komme. So argumentieren einige wirklich.
Selbst schon gelesen: „Dann werde ich jetzt noch härter arbeiten, das ist eine Herausforderung, der ich mich stelle“. Nach dem Motto: „Die Kürzung ist für MICH ok“.
Echt gute Einstellung… für die Agentur.
Und genau deshalb macht die Agentur das mit euch!
In anderen Branchen gehen Firmen Wege der Zusammenarbeit, des Zusammenschlusses, Joint-Venture, Aufkauf, Verdrängung, Investition, Innovation. Bei dieser Branche trägt man den Markt-Kampf gerne (nicht ausschließlich) einfach auf dem Rücken der Fotografen aus, um Geld für die Share-Holder zu bekommen. Weil man weiß, dass man es mit Individualisten zu tun hat, die sich nicht organisieren können, weil sie es gar nicht möchten. Da hat man schon immer leichtes Spiel gehabt.
Wenn ich mir meine Umfage dazu im anderen Thread anschaue… diese Umfrage hätte vor 10 Jahren sicher noch ganz anders ausgesehen. Viel mehr hätten abgestimmt: ich lasse alles so, wie es ist.
Es findet also sicher auch in dieser Branche langsam ein Umdenkungsprozess statt. Das es irgendwann auch mal reicht. Das man gemeinsam stark ist. Leider ist das bei vielen noch nicht so durchgedrungen, dass man sehr wohl was machen kann. Und leider versuchen diese, mit Argumenten auch noch für’s lieber Nichtstun zu werben. Weil man selbst aktuell ja zum Glück noch gar nicht so sehr betroffen ist. Und die anderen… egal.
Doch, man kann… Auch für sich.
Sicher nicht letztes Mal, möglicherweise dieses Mal, aber beim nächsten Mal evtl. definitiv. Bei Androhung von 0,05 $ Vergütung pro Foto. Wenn nochmal 15% mehr sagen, so nicht mehr. Hätte man auch früher haben können. Schade.